Zum 16. Januar



Ich hielt mich nicht dafür, dass ich etwas wüsste unter euch, als nur Jesus Christus, den Gekreuzigten. - 1. Kor. 2, 2

Du fragst: „Hat die Heilige Schrift ein auszeichnendes Merkmal (Schibboleth) für das Reich Christi hervorgehoben, wodurch „die rechte Gnade Gottes“, die einzig rechte Geistlichkeit sich von allen falschen Wegen unterscheidet?“ Ja, wäre es möglich, dass Gott, der alle kommenden unterschiedlichen Meinungen über die rechte Auffassung des Christentums, seine Merkmale und sein Geheimnis sah, nicht ein solches Kennzeichen gegeben haben sollte? Gott sei Dank, es gibt ein solches, deutlich und handgreiflich hervorgehoben. Diejenigen, die schon zur Wahrheit gekommen sind und geöffnete Augen haben, finden es überall in der Schrift. Sie sehen nämlich, dass alles von einer einzigen Sache abhängt. Es ist der auszeichnende Zug, das Geheimnis und die Hauptsache alles wahren Christentums, dass Christus allein für das Herz alles in allem geworden ist und dass man in Wahrheit mit dem Apostel Paulus sprechen kann: „Alles, was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden und für Dreck geachtet gegen die überschwängliche Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. — Ich starb, aber Christus lebt in mir; denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes usw. Ich hielt mich nicht dafür, dass ich etwas wüsste unter euch, als nur Jesus Christus, den Gekreuzigten.“ Sie betrachten es als unumstößlich entschieden: „Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Das finden die Gläubigen überall in der Schrift. Was hier gesagt werden soll, ist darum für sie nichts Neues.
Es wird aber doch manches Herz erfreuen, nicht nur zu schauen, was das Geheimnis und der auszeichnende Zug des Christentums ist, sondern auch, dass der Geist des Herrn davon als von einem Schibboleth (Richter 12) gesprochen, es als ein solches hervorgehoben hat, all denen zur ernstlichen Selbstprüfung und Berichtigung, die es sonst nicht sehen wollen. Wir lesen Offb. 14 von dem neuen Lied, das von der versiegelten Schar auf dem Berge Zion vor dem Lamme, das in der Mitte stand, gesungen wurde, und wir lesen ausdrücklich die Worte: „Niemand konnte das Lied lernen, nur die Hundertundvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde.“ Hier sieht ein jeder, dass der Geist des Herrn gerade dieses Lied zum Kennzeichen des Volkes Zion setzen wollte.
Worin aber bestand denn dieses Lied, und was war das, was niemand lernen konnte außer den Versiegelten? Johannes sagt: „Sie sangen vor dem Lamm: Du bist erwürgt und hast uns Gott erkauft mit Deinem Blut.“ Sie sangen von dem Verdienst des Lammes und unserer Erlösung in Seinem Blut! Dürfte nun jemand sagen, er könnte nicht davon singen? Und wer wüsste nicht, dass dieses das Größte und Preiswürdigste im Himmel und auf Erden ist? Aber bedenke, was die Heilige Schrift meint, wenn sie sagt, dass sie nur dieses sangen, sowie, dass niemand das Lied lernen konnte, außer den Versiegelten. Es handelt sich nicht darum, dies zu wissen, zu erkennen, zu bekennen und mit dem Munde zu singen. Die Schrift lehrt nicht Heuchelei. Wer sich darum nicht vorsätzlich selbst betrügen will, muss auf die Meinung der Schrift achten.
Lasst uns bedenken, was das enthält, dass sie in diesem auszeichnenden Liede nur von dem Verdienste des Lammes und nicht von allerlei Wohltaten Gottes sangen. Gewiss ist, dass die versiegelte Schar auf dem Berge Zion vor anderem alle gewaltigen Werke Gottes, sowohl die der Schöpfung als auch die der Vorsehung, kennen und erkennen wird, vor allem auch die teuren Gaben des Geistes und Sein preiswürdiges Werk im Herzen der Menschen. Was kann es bedeuten, dass sie in diesem Schibboleth zur Ehre des Lammes und Seines Versöhnungswerkes singen: „Du bist erwürgt und hast uns Gott erkauft mit Deinem Blut.“? Ja, was bedeutet es anderes als nur dasselbe, was Paulus meinte, als er sagte, nichts anderes wissen zu wollen als Jesus Christus, den Gekreuzigten. Dieses allein ist des Herzens Trost, Freude, Schatz und Ruhm, und das Versöhnungsopfer des Lammes ist der einzige Gegenstand des Glaubens, des Herzens, seines Hungers und Durstes, seiner Hoffnung und Befriedigung. Dieses ist gerade das, was die Schrift als das Bemerkenswerte des wahren Glaubens und der rechten Geistlichkeit hervorhebt. Wir sollen nämlich nicht in irgendetwas, was bei uns gefunden wird, unseren Trost haben, nicht einmal in dem Werk des Geistes, auch nicht in unserem Glauben, viel weniger in einigen Glaubensfrüchten, wie z. B. in der Liebe und der Gottesfurcht, sondern nur im Opfer des Leibes Christi, wie Jesus selber sagt: „Mein Fleisch ist die rechte Speise, und Mein Blut ist der rechte Trank.“ — So ist es das Kennzeichen aller wahren Christen, dass das Lamm, das erwürgt ist, ihr einziger Trost ist, dem in ihren Herzen nichts zur Seite steht. All ihr eigenes Tun und alle Erfahrungen des Werkes des Geistes, wenn auch an und für sich noch so gut und herrlich, können sie doch nie befriedigen, sondern nur das Lamm, das erwürgt ist und uns Gott erkauft hat mit Seinem teuren Blut.
II/199

Sagt mir anders nichts als Jesum,
Der mein Heiland worden ist,
Und Sein Blut gab zur Erlösung,
Welche nun mein Herz genießt.

Nichts als Jesu Christi Gnade,
Nichts als Sein Verdienst allein,
Lässt mich arme sünd’ge Made
Gut, gerecht und selig sein.




Diese Tagesandacht stammt aus dem „Täglichen Seelenbrot“ von Carl Olof Rosenius. Die Andachten des gesamten Jahres sind in Buchform hier erhältlich.


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